The Wormworld Saga

Beobachtungen am Rande des Internets – oder die Rückkehr zur Schriftrolle.

Genau daran musste ich denken, als ich über den wunderschönen Comic The Wormworld Saga von Daniel Lieske gestolpert bin. Der nämlich erzählt seine Geschichte nicht nur online, sondern auch in Form eines endlosen Papiers am Bildschirm, d.h. man scrollt in den Bildern und der Handlung einfach weiter und die Kunst bzw. das Können zeigt Lieske vor allem in der Platzierung von Bildern, Texten, Abständen und Übergängen.
Doch unabhängig von einer tollen Geschichte, unglaublich guten Bildern und Zeichnungen wollte ich auf etwas ganz anderes hinaus: Ist es nicht ausgesprochen erstaunlich, dass ausgerechnet bei einem Comic die Darstellung in der vertikalen, also mit dem Scrollen nach unten plötzlich so neu, denn befremdlich will ich nicht sagen, und auffällig erscheint? Irgendwie stellt man sich bei dem Wort „Comic“ immer noch ein Heft vor, in dem man von rechts nach links oder von links nach rechts blättert und liest. Selbst die E-Book-Reader gibt uns viel mehr das Gefühl, in einem Buch zu blättern, als zu scrollen. Wieso kommt uns dann das Lesen eines Comics in Form einer Endlos-Seite auf den ersten Blick so eigenartig vor? Nicht falsch, aber doch anders.

Wir werden täglich darauf trainiert, nicht mehr ein Blatt umzublättern, sondern von oben herab endlos nach unten zu scrollen. Denn eine HTML-Seite hat schließlich kein materiell begrenztes Ende. Digitale Seitenumbrüche sind gewollt, aber nicht notwendig. Timelines bei Twitter, Facebook und Co expandieren in die Länge und nicht in die Breite. Gleiches gilt für Chats oder Forumbeiträge. Man kann sicherlich schon behaupten, dass wir an bestimmten Tagen wesentlich mehr Text ohne tatsächliche Seiten lesen als mit, denn selbst ein Word-Dokument liest sich am Monitor eher als Fließtext. Würde uns das Programm nicht die nächste Seite visuell anzeigen, wir würden sie nicht mehr sehen. Würden wir sie vermissen? Warum also diese Verwunderung? Sind es die Bilder? Die erwarteten abgegrenzten Kästchen? Sprechblasen, Geräuscheffekte? Unbekannt ist uns die Form ja nicht, denn schon die besten Sprüche standen auf Papyrus und in Schriftrollen.

Quelle: www.wormworldsaga.com © Daniel Lieske

Ein Hingucker ist Lieskes Saga auf jeden Fall, nicht nur wegen der Form. Ein genauer Blick lohnt sich, nicht nur für Comic-Liebhaber. Erzählt wird die Abenteuerreise von Jonas, der eigentlich die Sommerferien mit seinem Papa bei Oma auf dem Land verbringt. Doch wenn man unglaublich viel Phantasie hat und diese zu Papier bringt, passieren die merkwürdigsten Dinge. Aber schaut selbst.

Letzte Anmerkung:
Schon gewusst: man kann „scrollen“ sowohl mit blättern, als auch rollen übersetzen.

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