Einfach göttlich

Terry Pratchett

Brutha hat prankenartige Hände, einen tonnenförmigen Leib und baumstammdicke Beine, die in Spreizfüßen enden. Und er ist nicht gerade helle. Aber irgendwas muss an ihm dran sein, denn Gott Om hat zu ihm gesprochen. Er sei der Erwählte. Doch auf einmal ist die Inquisition hinter ihm her und bringt Brutha jede Menge Ärger. Und so zerbricht sich der dicke Tempelgärtner seinen Schädel darüber, wie bei allen Göttern er sein Amt wieder loswerden kann…

Brutha ist Novize und das schon sehr lange. Eigentlich ist sein Novizenmeister der Meinung, dass er wohl immer einer bleiben wird. Im Grunde stört es Brutha auch nicht, denn er kann weder lesen noch schreiben und die Arbeit im riesigen Gemüsegarten der Zitadelle macht ihm mehr Spaß als jeder Unterricht. Doch Brutha glaubt und zwar an den großen Gott Om. So fällt es ihm auch wirklich schwer zu glauben, dass ausgerechnet sein großer Gott Om eine kleine Schildkröte sein soll, die eines Tages vom Himmel fällt und vor seinen Füssen landet. Das alles wäre eigentlich gar nicht schlimm, wenn da nicht Vorbis, der Exquisitor der Inquisition wäre. Als dieser herausfindet, welche Gabe Brutha besitzt, ist er nicht mehr zu halten. Der besessene Exquisitor nimmt Brutha mit nach Ephebe. Ein Land gegen das man als gläubiger Omnianer Krieg führen muss. Philosophen, die behaupten, die Erde sei eine Scheibe von vier Elefanten getragen auf dem Rücken einer riesigen Schildkröte, die durch den Weltraum schwimmt. Blödsinn! Jeder weiß doch, dass die Welt eine Kugel ist, die sich um die Sonne dreht. Oder etwa nicht?

Einfach göttlich
Einfach göttlich ist eine gelungene Parodie auf alle Religionen, den Glauben und insbesondere die Kirche und ähnliche Institutionen. In all ihren Absurditäten und Widersprüchen werden die Weltreligionen und Machenschaften der Anhänger wunderbar vorgeführt. Sei es nun das Zölibat, Glaubensbekenntnis, Essenvorschriften oder Buße und Inquisition. In diesem Roman lässt Pratchett nichts aus. Ein anscheinend mächtiger Gott, der als starker Stier dargestellt wird, entpuppt sich als kleine Schildkröte, weil trotz einer monumentalen Zitadelle, einer Vielzahl an Novizen, Priestern, Inquisitoren, Diakonen und Bischöfen nur ein einziger Lebender an ihn glaubt. Dieser eine ist Brutha und Brutha glaubt von Herzen. Wie furchtbar muss es sein, einen kleinen Gott zu finden, der gestehen muss, dass er all die Gebote, die man auswendig kann, gar nicht aufgestellt hat? Was soll man von einem Gott halten, der keinen einzigen seiner Propheten kennt? Einem Gott, der niemanden zerstampfen und es überhaupt nicht regnen lassen kann? Wie soll man da noch glauben können?

Pratchett behandelt in diesem Buch ebenfalls fundamentale Fragen. Wann und wie kann man Menschen in ihrem Glauben erschüttern? Warum funktionieren solche Strukturen wie die der Kirchen und Religionen? Welche Rolle spielt Aufklärung und wie beeinflussen uns die Glaubensüberzeugungen anderer? Pratchetts Held ist gut. Er scheint zwar treudoof, aber im Grunde ist Brutha ein wirklich guter Mensch, der sogar die Schwächen seines Gottes akzeptiert und immer noch an ihn glaubt, selbst als er von der Inquisition „geläutert“ werden soll. Er verzeiht nicht, aber er vergilt nicht Gleiches mit Gleichem. Eine schöne Botschaft.

Eigene Meinung
Auch wenn dieser Scheibenweltroman nicht unbedingt zu den lustigsten gehören mag, so sind die Botschaften klar und deutlich. Ausgesprochen angenehm ist die Kurzweiligkeit. Diese Geschichte hat einfach keine Längen und einen sehr schönen Lesefluß. Mit Brutha und dem Gott Om sind dem Autor zwei tolle Charaktere gelungen. Auch andere Figuren, wie die des Vobis, der Philosophen und des Kriegsherren passen sehr gut in die Geschichte.
Wer die Religionen dieser Welt auch mal mit einem Schmunzeln betrachten kann und will, wird an diesem Buch sicherlich seinen Spaß haben. Dieser Scheibenweltroman kann losgelöst gelesen werden. Man versteht alle Zusammenhänge. Für Kenner sind natürlich Länder, Namen und Personen wie Tod noch zusätzlich eine Freude.

“Als Gott hat man bedauerlicherweise niemanden zu dem man beten kann—

“Zeit ist eine Droge: Zuviel davon bringt einen um—

“Götter mögen keine Menschen, die wenig arbeiten. Wer wenig arbeitet, hat zuviel Zeit zum Nachdenken.
Ein Teil des Gehirns hat die Aufgabe, so etwas zu verhindern. Und dieser Teil funktioniert wirklich hervorragend. Er kann dafür sorgen, dass sich manche Personen langweilen, obwohl sie von Wundern umgeben sind—

” „Was ist ein Philosoph?“, fragte Brutha
„Jemand, der klug genug ist, um sich den Lebensunterhalt ohne schwere körperliche Arbeit zu verdienen“, erklang eine Stimme zwischen den Schläfen des Novizen—

“„‘Sklave‘ ist ein ephebianisches Wort“, meinte Vorbis. „In der omnischen Sprache existiert es überhaupt nicht.“

„Davon habe ich gehört“, entgegnete der Tyrann. „Ich schätze, ebensowenig haben Fische ein Wort für Wasser.“—

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