Alpha Kevin – political correctness macht Werbung

Seit einigen Jahren wird auf jugendwort.de – einer Seite des Langenscheidt Verlags in Kooperation mit Bravo, BR plus, taff, Jugendpresse und Die Arche – das Jugendwort des Jahres gewählt.

Ob die Wahl nun glaubwürdig oder das Ganze ein guter Marketinggag ist, darüber hat sich das literaturcafe.de bereits berechtigterweise ausgelassen und es gibt unglaublich viele Posts zu der Streichung des Begriffs ALPHA KEVIN. Zeitungen wie FAZ, SPON und SZ haben hierzu Online-Artikel publiziert. Also doch nur eine gut gemachte Werbung unter dem Vorwand der political correctness? So nämlich sieht die ganze Sache jetzt aus.

Der Begriff, der vor der Streichung den ersten Rang belegt hatte, soll für Personen dieses Namens diskriminierend sein, so zumindest der Wortlaut auf Langenscheidts Website, der seltsamerweise nicht mehr angezeigt wird. Erfreulicherweise vergisst das Internet nie und ich habe alpha kevin jugendwort 2015einen Screenshot zu diesem Text gefunden, den ich selbst versäumt hatte zu machen (am Sonntag, 09.08. war der Text noch online).

 

Alpha Kevin ist politisch unkorrekt

Selbstverständlich ist dieser Begriff politisch unkorrekt. Er ist aus irgendeiner Situation entstanden, die wahrscheinlich genauso politisch unkorrekt war wie der Begriff selbst. Es ist eine Beleidigung, ein Schimpfwort. In aller Freundschaft wird diese Wortkreation nicht entstanden sein und sie wird auch nicht im freundlichen Umgang miteinander genutzt.

 

Angst vor Kevin, Gutmenschen und Studien

Langenscheidt spürt also die persönliche Betroffenheit. Von wem genau? Haben sich bei dem Verlag die Kevins dieser Welt gemeldet und erklärt, dass sie mit diesem Begriff nicht leben können oder gar aus dem Fenster springen, wenn er das Jugendwort des Jahres wird? Das ist schwer zu glauben.

Oder waren es eher die besorgten Eltern unserer Zeit, die meinten hier zum Wohle aller Kinder eingreifen zu müssen? Schließlich muss man die Werte hochhalten, von denen ausgerechnet Gleichheit auf die oberste Stufe gehoben wird.

Oder war es doch irgendeine Studie der Universität Oldenburg, in der untersucht wurde, dass Lehrer Schulkinder mit bestimmten Namen für dümmer halten, als andere (wohlgemerkt aus dem Jahr 2009)? Nun, dann wäre es aber eher ein Problem der Lehrer als der Kinder.

Wahrscheinlich war es ein Mix aus allen. Es darf nur bezweifelt werden, ob tatsächlich andere Jugendliche und die Kevins dieser Welt überhaupt ein Interesse an diesen Geschehnissen haben. Wohl eher nicht oder gab es hierzu einen Clip auf YouTube?

 

Das neue Friede-Freude-Eierkuchen-Syndrom

Es ist schon erstaunlich, was sich in unserer Gesellschaft gerade tut. So scheinen wir geradezu davon besessen zu sein, es allen und jedem recht machen zu wollen. Selbst den Kevins dieser Welt. Es drängt sich der kleine Verdacht auf, als müssten solche Aktionen wie diese „Zensur“ dafür herhalten, uns selbst zu beweisen, dass wir doch alle gleich behandeln, keinen vergleichen oder bewerten, auch wenn wir es in Wirklichkeit trotzdem tun. Nur eben nicht so direkt.

Doch genau diese Streichung des Wortes hat die entgegengesetzte Wirkung. Das beweisen die vielen Artikel und Kommentare zu diesem Thema. Ob das im Sinne von Kevin ist? Hat man mit dieser Aktion den Kevins einen Gefallen getan oder erst recht die Sache dahingehend befeuert, wo man sie gar nicht haben wollte, nämlich in der Lächerlichkeit?

 

Früher war alles härter – Uschi, Ahmet und Jürgen

Ja, die gute alte Zeit. In meiner Kindheit und Jugend (Mitte 80er bis Ende 90er) mussten viele von uns während der Schulzeit Spott und dumme Sprüche ertragen. Alle Uschis waren Friseusen, alle Rosis hatten ein Telefon, wenn nicht sogar einen Schäferhund. Auch schießen mir Sprüche wie „Ahmet – lach net!“ und „Seh‘ ich Jürgen, muss ich würgen.“ durch den Kopf. Mensch, was waren wir grausam!

Waren wir damals die schlechteren Menschen? Waren wir intoleranter? Sicher nicht. Damals hat jeder auf irgendeine Art sein Fett wegbekommen, aus welchen Gründen auch immer. Es gab nicht bei jedem unkorrekten Begriff einen Aufschrei der Masse. Selbst nicht bei solchen Schimpfworten wie „Mongo“, das seinen Ursprung im Mongolismus hat. Googelt man genau diesen Begriff und schaut sich die Bilder dazu an, frage ich mich, wo wir die Grenzen ziehen und in Zukunft ziehen werden? Es muss wohl nur aktuell genug sein, damit man sich empören kann. Und im Empören sind wir mittlerweile verdammt gut geworden. Da sind wir ganz harte Kerle.

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