Was Frauen über Frauen schreiben

Wenn ich ein Buch oder eine Geschichte zu Ende gelesen habe, betrachte ich die Protagonisten und denke sehr oft darüber nach, welchem Männer- oder Frauenbild sie entsprechen und wie das in die Geschichte gepasst und sie beeinflusst hat.
Auch in den eigenen Schreibprozessen betrachte ich meine Charaktere und schaue sie mal skeptisch oder verliebt an. Warum auch nicht? Schließlich erschafft man diese Persönlichkeiten und auch wenn sich Protagonisten beim Schreiben verändern oder gar selbständig zu entwickeln scheinen, sind sie doch Erfindungen unserer Gedanken und Phantasie. Und auf die wiederum nimmt unsere Umwelt Einfluss.
In den letzten zwei Wochen sind mir zwei Sachen besonders aufgefallen. Zum einen auf Irinas Blog (Bücher über Alles!), als ich mich zum Artikel über die Liebesromane und ihre Schädlichkeit für Frauen durchgeklickt hatte. Dann bin ich auch noch über den folgenden Artikel in der Zeit gestolpert:

Warum schreiben Frauen so über Frauen?
Das erstaunliche an beiden Artikeln ist ja, dass hier Frauen tatsächlich in der heutigen Zeit so über Frauen schreiben. Die Frage nach dem „Warum?“ ist durchaus berechtigt, selbst ohne feministischen Hintergrund.
Ausgerechnet die Liebesromane, die von Frauen für Frauen geschrieben werden, sollen schädlich sein. Gerade diese Autorinnen wissen genau, wie man die Gefühle der Leserinnen berührt. Insgeheim wollen wir alle ein gutes Ende und die Erfüllung unserer Träume. Dies soll also schädlich für uns Frauen von Heute sein, weil wir uns von der Realität entfremden.
Selbstverständlich muss man die Paartherapeutin und Autorin Susan Quilliam nicht ernst nehmen. Schließlich ist irgendeine Publicity besser als gar keine. Trotzdem wirft es die Frage auf, warum sie ausgerechnet ihr eigenes Geschlecht angreift und nahezu allen Leserinnen von Liebesromanen unterstellt, die Fiktion von der Realität nicht unterscheiden zu können.
Wenn man etwas über wahre Begebenheiten lesen möchte, greift man zu einer Biographie. Bei Liebesromanen geht es um die pure Unterhaltung und diese muss nicht zwingend dem wahren Leben entsprechen, ganz im Gegenteil. Man geht schließlich auch nicht ins Kino, um etwas über das Weltgeschehen zu erfahren, dafür gibt es Nachrichten.

Seltsame Vergleiche hinken
Sehr erstaunt hat mich der Artikel von Nathalie Weidenfeld (Schriftstellerin und Dozentin für Fimtheorie an der Universität München), in dem sie tatsächlich den Film „Rapunzel, neu verföhnt“ als Beispiel für den heutigen Stand der Emanzipation heranzieht. Mit einer Kritik am „überholten Altfeminismus… hinter dem sich zuletzt nur eine körperfeindliche und bildungsbürgerliche Ideologie verbirgt,…“ endet der Artikel. Doch nicht nur das, Weidenfeld geht sogar weiter und weist auf den Rapunzelkomplex hin, auf die Problematik, dass Töchter sich von den dominanten Müttern zu emanzipieren haben und an diesem Punkt frage ich mich als Frau ernsthaft, was wir Frauen uns Frauen da tatsächlich antun?
Muss heute alles ein Komplex sein? Sind wir wirklich nur von Konflikten umgeben? Warum können wir nicht einfach akzeptieren, dass jemand der älter und uns zugetan ist, mehr Erfahrung haben könnte, die uns vor großen Schwierigkeiten und Fehlern bewahrt? Warum müssen wir, im Rahmen unserer Gesellschaft und kulturellen Entwicklung, plötzlich alle emanzipiert, selbständig und unabhängig sein? Liegt hier nicht ein Widerspruch zur Individualität?
Ausgerechnet ein Märchen, das im Ursprung einen anderen Konflikt thematisiert hat, heranzuziehen, um einen Mutter-Tochter-Konflikt im Zusammenhang mit Emanzipation zu beleuchten, erscheint mehr als lächerlich.
Fraglich ob diese Art von Emanzipation in der heutigen Zeit noch notwendig ist.

Und warum schreiben eigentlich nie Männer so über Männer?

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