Midgard

Wolfgang und Heike Hohlbein

Der Legende nach leitet der Fimbulwinter das Ende der Menschheit ein. Der Knabe Lif ist dazu ausersehen, das Schicksal des Menschengeschlechts zu beeinflussen. Lif muss den lebensgefährlichen Kampf aufnehmen gegen Wölfe, gegen die abscheulichen Kreaturen der Hel, gegen Surtur, den Inbegriff alles Bösen, gegen die Midgardschlange und gegen zahllose andere Ungeheuer, die aus der Dunkelheit kommen…

 

Lif wächst auf einem kleinen Hof am Rande Midgards auf, wo das Leben hart und die Winter lang sind. Als Säugling wurde er an die rauen Klippen des Kalten Meeres gespült und von Osruns Familie aufgenommen. Als er eines Tages ein dunkles Schiff am Horizont erblickt, erzählt er davon seinem Ziehvater. Doch dieser scheint seinen Schilderungen keinen Glauben schenken zu wollen, stattdessen rügt er Lif für seine Tagträume, denen der Junge so gerne nachhängt und genau diese werden ihm zum Verhängnis, denn beim Hüten der kostbaren Kühe, die das Überleben der Familie sichern, verschwindet eine Kuh und Lif macht sich trotz eines aufziehenden Wintersturms auf die Suche nach dem Tier. Dabei gerät er in einen Zweikampf zwischen einem mächtigen Mann und einem schrecklichen Wolf. Nur in letzter Minute kann ihn eine ältere Frau retten und er schafft es trotz des wütenden Sturmes wieder den Hof zu erreichen. Von der alten Skalla, die ebenfalls bei der Familie lebt, erfährt er wer Mann und Wolf waren und was es mit ihm und dem Schiff auf sich hat, das er gesehen hatte: Er ist Teil einer Prophezeiung, die den Untergang der Götter und Menschen ankündigt, wobei er gegen den eigenen Zwillingsbruder kämpfen muss. Nur dieser Kampf entscheidet über das Schicksal der Welt. Lif ist so verwirrt, dass er davon läuft und dem Alben Eugel begegnet, der ihn vor einem Wolfsrudel rettet und da beginnt erst sein wahres Abenteuer, das mit dem Ende aller Welten enden soll.

cover midgardHohlbein lehnt sich in dem knapp 350 Seiten starken Roman an die aus der nordischen Mythologie stammende Geschichte über Ragnarök an, auch Götterdämmerung oder „Das Schicksal der Götter“ genannt. Dabei stellt er den Jungen Lif (den es in den Mythen nicht gibt, genauso wenig wie den Zwillingsbruder) als Kämpfer auf Seiten der Asen und seinen Zwillingsbruder als Verbündeten Surturs, des Feuerriesen, der alles Böse und die Zerstörung über die Welt bringt. In einem Kampf auf Leben und Tod sollen die Geschwister über das Schicksal vom Midgard und der Götterwelt bestimmen. Auf Lifs Reise lässt Hohlbein ihn nicht nur auf Naglfar treffen, dem Schiff, das die Fimbulwinter ankündigt, sondern auch auf alle anderen Wesen und Götter der nordischen Mythologie. Dabei versucht Lif mehr als einmal sich gegen sein Schicksal aufzulehnen und wird von seinen Begleitern Baldur und Eugel, später auch Hel und Odin immer weiter auf den unabwendbaren Kampf vorbereitet, bis hin zur großen Schlacht.

Die Erzählung ist zwar an die nordische Mythologie angelehnt, erzählt aber nicht die Geschichte, wie sie überliefert ist. Zudem schreibt Hohlbein sie aus der Perspektive des Jungen Lif, der das Abenteuer seines Lebens bestehen muss. Dabei hat die Erzählung sehr viel von einem Märchen, so dass die Charaktere bis auf den Alben Eugel und den Asen Baldur ziemlich flach sind. Selbst Protagonist und Antagonist sind etwas blass. Die Geschichte lebt von dem Verlauf bis zum unausweichlichen Ragnarök und dessen Ausgang. Das Buch hat keine besonderen Längen, liest sich angenehm und Hohlbein hat einige interessante Aspekte eingebracht. Dennoch ist die Handlung sehr einfach und teilweise emotionslos gehalten. Auffällig sind viele Wiederholungen in den Beschreibungen der Reise und den Gemütszuständen der handelnden Personen. Dies mag der Mythologie geschuldet sein.

 

Eigene Meinung

So ganz überzeugen konnte mich dieser Roman nicht. Zwar war er unterhaltsam zu lesen, aber an vielen Stellen musste ich doch die Augen verdrehen und dachte bitte nicht schon wieder. Wie bereits erwähnt, wiederholen sich andauernd Beschreibungen. Wenn Lif etwas aus der Götterwelt sieht oder kennenlernt übersteigt es grundsätzlich seine Vorstellungen. Alles übersteigt stets seine Vorstellungen. Es wird auch immer mind. eine Stunde gewandert, dann noch eine Stunde und dann noch eine. Sie laufen und laufen und laufen…und dann geschah etwas, womit keiner gerechnet hatte…

 

Midgard ist das dritte Buch des Autors, das ich nun gelesen habe und alle drei waren nach demselben Schema aufgebaut: Junge gerät in ein Abenteuer, es entbrennt ein Kampf Gut gegen Böse, Junge rettet die Welt. Gut, daran sei nichts auszusetzen, nach diesem Schema schreiben viele Autoren. Allerdings stellt sich für mich die Frage, ob Hohlbein auch andere Strukturen beherrscht. Zudem komme ich mit einigen Beschreibungen und Formulierungen nicht zurecht:

“Ihre Hufe waren Krallen, die tiefe Löcher in den Schnee gruben,….“
Au weia!

Hohlbein kocht auch sehr gerne Wetter- und Naturgewalten. Schneestürme brodeln und das Meer:

“schien das Meer zu explodieren. Schaum, kochend und brüllend wie ein Geysir….“
Brüllender Schaum wie ein Geysir?

Zudem ist die aus dem Jahr 1998 stammende Ausgabe gespickt mit zum Teil lustigen Tipp- bzw. übersehenen Fehlern:

„Ihr Heulen erklang jetzt ununterbrochen, und das harte Tappen ihrer Pforten dröhnte wie Hufschlag seines ganzen Heeres.“
Hier sollte es wohl Pfoten heißen.

Und dann gibt es noch offensichtliche Logikfehler. So reitet Lif an einer Stelle mit Odin und Thor über eine Vulkanlandschaft, die Pferde kommen nicht voran, sie benötigen die besagte Stunde und dann noch ne Stunde für zwei Meilen, die Tiere bluten an den Hufen etc., zwei Absätze später sprengt Lif mit einem Pferd über dieselbe Landschaft davon. Tja.

Nichtsdestotrotz haben mir Hohlbeins Gedanken zu Schicksal, Zeit, Gut und Böse, Zukunft, Religion und Götter sehr gut gefallen, die er in diesen Roman eingewoben hat.

„—Aber warum tun sie es dann?“, fragte er. „Sie sind Götter! Sie müssen vernünftiger sein als die Menschen!“ Sie sind eure Götter, antwortete der Brunnen. Ihr habt sie erschaffen, nicht sie euch. Wie können sie anders sein als ihr?…“

 

a book with magicObwohl heute bereits der 01.01.2016 ist, zählt dieses Buch noch zu meiner Reading Challenge 2015, da ich es am 30.12.2015 zu Ende gelesen habe. Damit setze ich ein letztes Häkchen: a book with magic.

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