Qualityland

Marc-Uwe Kling

In Qualityland lautet die Antwort auf alle Fragen: OK

 

Wir befinden uns in einer nicht allzu fernen Zukunft. Irgendwas mit Krieg, Wirtschaftskrise etc. haben die Welt verändert, so dass aus den Ländern Qualityland und Quantityländer 1 bis 7 wurden. Peter Arbeitsloser lebt als Maschinenverschrotter in Qualityland, hat immer das neuste Qualitypad und seinen digitalen Assistenten „Niemand“, der ihm alle Entscheidungen abnimmt. Denn die Technologie ist so weit fortgeschritten, dass selbst ein Treffen mit seiner Freundin von deren Pads organisiert wird, nicht von ihnen selbst. Als sich seine Freundin mehr digital als analog von ihm trennt, ändert sich sein Leben rasant. Schlimm genug, dass er durch die Trennung einen Level absteigt und damit in der digitalen Gesellschaft als „Nutzloser“ gilt, dann liefert TheShop ihm auch noch einen rosa Delfinvibrator. Als er versucht das Ding zurückzugeben, beginnt eine kuriose Odyssee gegen das System. Dabei lernt er nicht nur die mysteriöse Kiki kennen, er bekommt auch Hilfe von seinen etwas anderen Freunden aus dem Keller. Währenddessen tobt draußen der Wahlkampf zwischen einem gutaussehenden Androiden und einem Fernsehkoch, schließlich hat das System bereits errechnet, wann die Präsidentin stirbt.

Quelle: Ullstein

Im neuen Buch schickt Kling seine Leser in ein Land voller Roboter, Androiden und digitalen Gimmicks. Alle Menschen sind 24 Stunden vernetzt, jeder hat ein Qualitypad, Linsen, die Infos über Personen und Umwelt liefern, einen Ohrwurm, der sie jederzeit instruiert und es gibt kein Bargeld, denn bezahlt wird per Touchkiss. Es gibt genau einen Online-Shop, ein soziales Netzwerk, eine Partner-Plattform und nur ein Unternehmen, das alle Maschinen und Roboter herstellt. Politik wird mit zwei Parteien betrieben. Arbeitsplätze gibt es kaum noch, da immer mehr automatisiert wird, denn Maschinen machen keine Fehler. Denkt man zumindest. Außerdem hat jeder Mensch einen Level, ähnlich der bekannten Online-Rollenspiele. Alle unter Level 10 sind Nutzlose. Wie man sich als solcher gegen ein System zur Wehr setzt, das keinen menschlichen Eingriff mehr erlaubt, erzählt Kling auf sehr komische und humoristische Art.

Um den Leser tiefer in diese volldigitale und an vielen Stellen absurde Welt eintauchen zu lassen, sind im Buch zwischen den Kapiteln kleine Reiseführer eingelassen. Hier wird genau erklärt, was es mit den Ohrwürmern auf sich hat, was ein Level ist und wann man auf- oder absteigt oder wer die Maschinenstürmer sind. Dazu kommt Werbung aus Qualityland und sogar Nachrichtenmeldungen, so dass ein Gesamtbild der Welt entsteht.

Kling schreibt unglaublich aktuell. So greift er in dieser überspitzt digitalisierten Welt die Probleme der jetzigen Zeit auf. Politik, Nachrichten, Partnerschaft, Wegwerfgesellschaft, Nahrung, Bildung, Wirtschaft und Konsum, all diese Themen packt er in die Geschichte um Peter, der nach und nach herausfinden muss, dass er eigentlich gar nicht so frei ist, wie er denkt und Qualityland vielleicht doch nicht der tollste Ort auf der Welt. Durch gelungene Übertreibungen schafft es der Autor den Leser nicht nur zum Lachen, sondern auch Nachdenken zu bringen und genau so soll Satire sein.

Dieses Buch ist eine sehr angenehme Lektüre, es liest sich schnell und garantiert Kurzweile. Tatsächlich gelingt es Kling, Kritik an der Gesellschaft zu üben, ohne dabei belehrend und anklagend zu werden. Das macht dieses Buch unglaublich sympathisch.

 

Eigene Meinung

Da ich seit den Känguru-Chroniken ein großer Marc-Uwe Kling-Fan bin, wusste ich ungefähr, auf was ich mich einlasse. Dennoch wurde ich an vielen Stellen sehr überrascht, wie aktuell Kling dieses neue Buch gehalten hat. Er geht klar auf die Probleme in Deutschland bzw. der ersten Welt ein: Arbeitsplätze verschwinden durch Roboter und Automatisierung, es gibt immer mehr Großkonzerne, die alleine den Markt beherrschen, die Gesellschaft wird digital in Schubladen eingeteilt, wir haben mehr digitale als reale Freunde, wir essen den größten Dreck und wir klicken lieber die verrückteste Headline an, als uns ordentlich zu informieren.

Vielleicht ist es genau das, was das Buch so erschreckend echt erscheinen lässt, nachdem man sich köstlich amüsiert hat: Es ist so nahe an der Realität. Denn TheShop ist amazon, das soziale Netzwerk Facebook und die Partner-Plattform – nun, hier ist das Rennen noch nicht ganz entschieden. Natürlich gibt es auch selbstfahrende Autos im Roman, es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie auch auf unseren Straßen auftauchen.

Und genau in diese digitale Welt legt Kling schwierige Fragen: Wer genau bin ich? Oder bin ich nur der, den das digitale System aus mir macht? Und wie werde ich ein anderer? Und wenn, habe ich in so einem System überhaupt die Chance?

Eine unglaublich unterhaltsame und spannende Geschichte, die so manchen Insider für alle Känguru-Liebhaber mit sich bringt.

 

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, das mich oft hat nachdenken lassen, wie ich mich gerade selbst in der digitalen Welt bewege und was die Unternehmen schon über mich wissen. Für alle Fans ein tolles Geschenk, wenn nicht sogar ein Muss!

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Quelle: https://qualityland.de/

 

“In gewissem Sinne ist das Parlament heute, was das Kloster war: der Ort, an dem die Oberschicht ihre überflüssigen Söhne loswerden kann…“

 

 “Der alte Satz, jemand sei ein Mensch mit vielen Qualitäten, hat in QualityLand eine ganz eigene Bedeutung…“

 

“Hast du gewusst, dass in 99 von 100 Fällen, in denen etwas angeblich in 99 von 100 Fällen passiert sein soll, der Statistik Gewalt angetan wurde?…“

 

“Auf der Flucht vor Sinnlosigkeit, Identitätsverlust und Isolation stürzen sich die Menschen darum auf alle Angebote, zur Imagination von Sinn und Gemeinschaft, so stupide sie auch sein mögen…“

 

“Immer wenn eine Gruppe von Klugscheißern besonders clever rüberkommen will, schnappen sie sich ein Wort aus dem Altgriechischen….“

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