Blumen für Algernon

Daniel Keyes

Charlie Gordon, ursprünglich kaum des Lesens mächtig, ist zu Forschungszwecken operiert worden und entwickelt daraufhin eine überragende Intelligenz. Zu seinen Freunden zählt die Maus Algernon – das erste Lebewesen, das mit derselben Methode erfolgreich behandelt wurde. Mit den überwältigenden Fähigkeiten stellen sich für das Genie Charlie jedoch auch die ersten Probleme ein. Als Charlie auf einem Fachkongress als Attraktion vorgeführt werden soll, flieht er zusammen mit Algernon. Kurze Zeit später zeigen sich im Verhalten der Maus erste Verfallserscheinungen und Charlie ahnt, dass auch er nicht verschont bleiben wird…

In einer Art Tagebuch, das eigentlich die Sammlung von Fortschrittsberichten ist, begleitet der Lesende den geistig zurückgebliebenen Charlie durch das medizinische Experiment eines Professors, der eine Methode entwickelt hat, die Intelligenz von Lebewesen zu steigern. Charlie, der an der Schule für retardierte Erwachsene in der Klasse von Miss Kinnian Lesen und Schreiben lernt, wird von ihr für das Experiment vorgeschlagen, da er die entsprechende Motivation und Sozialkompetenz mitbringt. Als er nach der Operation an seinen alten Arbeitsplatz in der Bäckerei von Mr. Donner zurückkehrt, merkt er nach und nach, was seine dortigen Arbeitskollegen, die er bis dahin für Freunde gehalten hatte, tatsächlich von ihm halten, und was hinter dem Rücken des Bäckereiinhabers vor sich geht.



Mit zunehmender Intelligenz kehren Erinnerungen an seine Eltern, vor allem Mutter und Schwester in sein Bewusstsein zurück, und damit auch die Erkenntnis, was ihm in all den Jahren an Unrecht und Misshandlung widerfahren ist. Er entdeckt sich selbst, die körperliche Liebe, zugleich die eigene Fehlbarkeit und später auch die der anderen.
Während Charlie eine Sprache nach der anderen lernt, erkennt er, dass die wenigsten Menschen echte Freunde sind, menschliche Beziehungen wesentlich komplexer, als gedacht und nicht jedes Problem zwingend rational zu lösen ist. Dies wird ihm erst bewusst, als er allen Mut zusammennimmt und nach all den Jahren seine Mutter besucht, die ihn als Kind vom Vater ins Heim einweisen ließ, um der Schwester ein Leben ohne den idiotischen Bruder zu ermöglichen.
Als auch bei Charlie die ersten Verfallssymptome auftreten, wird er sich der Endlichkeit seiner selbst bewusst und trifft alle Vorkehrungen für den Zeitpunkt, wenn er wieder in den Zustand zurückkehrt, aus dem ihn die Operation herausgeholt hat.

Keyes schafft mit den Fortschrittsberichten eine solche Nähe zum Protagonisten aufzubauen, dass man als Lesende das Gefühl hat, jeden Tag mit Charlie live zu erleben. Dabei beginnen die Berichte kaum lesbar mit einer Unmenge an Fehlern, die erst nach der Operation abnehmen, bis er einwandfrei seine Erlebnisse formuliert. Dabei handeln die Berichte mehr und mehr von schmerzlichen Erfahrungen und Erkenntnissen über sich selbst und die Umwelt, in der man lebt. So muss Charlie nach und nach feststellen, dass er als Kind von seiner Mutter misshandelt wurde, damit er normal wird und von seinen Arbeitskollegen letztendlich bei jeder Gelegenheit der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Dass Keyes die Einsichten bezüglich Karriere, beruflichen Befindlichkeiten und körperlicher Anziehungskraft mit Intelligenz verknüpft, macht aus dem Buch eine interessante Charakterstudie und in vielerlei Hinsicht eine interessante Betrachtung auf unser etabliertes Wertesystem.

Fazit: Eine erfrischende Abwechslung zu herkömmlichen Erzählungen in der Ich- oder Erzählerperspektive. Unterhält mit anderen Blickwinkeln auf Gesellschaft, Freundschaft, Glück und Erfolg. Leseempfehlung ab 16.


Eigene Meinung

Das Buch hat mich gleich gefesselt. Allein die Tatsache, dass die ersten Berichte kaum lesbar, weil sie so mit Fehlern durchzogen sind, zieht einen in die Welt des gutmütigen, aber schwachsinnigen Charlies, der trotz aller Einschränkungen sein Leben meistert.
An vielen Stellen ist das Buch emotional fordernd, denn es zeigt klar die Kluft zwischen Bildungselite, Forschung, Mittelschicht und Arbeiterklasse und all ihrenFacetten. Dabei spart der Autor keineswegs mit Klischees und Stereotypen. Dennoch: Der Wechsel der Hauptfigur aus dem Schwachsinn in den hohen Intellekt und wieder zurück nimmt den Lesenden auf eine spannende Reise durch unsere Welt aus Moral, Zwängen, Vorstellungen und Illusionen. Denn Glück und Freundschaft haben selten etwas mit hohem Intelligenzquotienten zu tun.
Das Buch würde ich eher im Bereich Sci-Fi als Fantasy verorten, denn das einzige fantastische Element ist das Verfahren, per Operation die Intelligenz von Lebewesen zu steigern. Ansonsten spielt die Geschichte in der realen Welt.

Fazit: Fesselnd, emotional, beschämend. Wer gerne die Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet, der wird hier gut unterhalten.

„…Dr Strauss sagt das ich Etwas habe was ser gut ist. Er sagte ich habe eine gute Motor Watjon. Ich habe nie gewust das ich das überhaub habe…“

„…Wen man Intelgent ist kann man Masenhaft freinde haben mit den man reden kann und ist nich imer mit sich gans aleine.“

„Erst vor kurzer Zeit habe ich erfahren, dass die Menschen mich auslachten. Und nun muss ich sehen, als ich mich den Lachern anschloss, ahnungslos mich selbst auslachte. Das schmerzt am allermeisten.“

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