Liebe – Ein unordentliches Gefühl

Richard David Precht

Die Liebe zwischen Mann und Frau ist das beliebteste Thema des Menschen. In unzähligen Romanen wird sie beschworen, kaum ein Film, der auf sie verzichten kann, und was wäre die Musik ohne sie? Die Liebe bewegt uns wie nichts anderes, sie vermag unser Leben auf den Kopf zu stellen und jegliche Ordnung zu Fall zu bringen. Dennoch wissen wir eigentlich gar nicht so genau, was sie ist – die Liebe. Richard David Precht bringt Ordnung in dieses unordentlichste der Gefühle: von der Biologie der Gene über die Psychologie unserer Leidenschaft bis zu den persönlichen und gesellschaftlichen Problemen der Liebe heute. Er zeigt uns, das Abenteuer Liebe mit ganz neuen Augen zu sehen.

Wer Precht liest, muss sich auf einiges gefasst machen. Er behandelt in seinen Büchern viele Zusammenhänge, reißt Thesen und Theorien aus Philosophie, Biologie und Soziologie an und setzt sich mit diesen auseinander. Geballtes Wissen zu einem Thema, diesmal die Liebe.

In diesem Buch versucht Richard David Precht die Frage „Was ist Liebe?“ zu beantworten und holt dabei gewaltig aus. Das muss er wohl auch, denn wer sich diese Frage selbst stellt, wird gewiss merken, dass einem die Antwort nicht so einfach über die Lippen kommt. Was ist nun also die Liebe zwischen Mann und Frau? Wie ist sie entstanden? Warum lieben wir überhaupt? Wie definieren wir dieses Gefühl, dass uns einmal glücklich und das andere mal unglücklich macht? Und wie manipulativ sind wir?

In den einzelnen Kapiteln werden viele Ansätze der Wissenschaft aufgegriffen und kritisch behandelt, ohne das man als Leser den Faden verliert. Precht schafft es immer wieder das Wissenschaftliche schnell und prägnant zu erklären. Sehr lesenswert ist die Kritik an vielen dieser Theorien, denn die Argumente sind für jeden von uns nachvollziehbar, auch ohne ein Studium der Philosophie, Psychologie und anderer Disziplinen absolviert zu haben. Auch hinterfragt er die vielen Ratgeber, die sich ausgerechnet mit der Liebe, Beziehung und Ehe befassen.

Von Darwin, über die evolutionären Psychologen, die Biochemie, die Romantik bis zur heutigen Konsumgesellschaft, für die Liebe mehr und mehr ein Produkt zu werden scheint, erklärt Precht sehr schön, was wir über dieses Gefühl wissen und manchmal auch eben nicht.

Dieses Buch ist eine etwas anspruchsvollere Lektüre. Wer Precht liest, sollte ein bisschen Zeit mitbringen, wenn er sich mit den zahlreichen Themen und den aufkommenden Fragen beschäftigen will. Belohnt wird das Lesevergnügen mit verständlichen Erklärungen und einer angenehmen Prise Humor.

Die Antwort auf die Frage „Was ist die Liebe?“ wird man in diesem Buch nicht finden, aber sucht man sie tatsächlich?

Ein empfehlenswertes Buch, wenn man sich mit einfach scheinenden Fragen genauer auseinander setzen möchte.

Eigene Meinung
Für alle, die bereits „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ gelesen haben, wird die Herangehensweise von Precht nicht neu sein. Trotzdem scheint dieses Buch etwas komplexer, als das vorherige. Oft muss man Abschnitte nochmal lesen, da er an einigen Stellen vorgreift oder sich in späteren Kapiteln auf vorherige bezieht. Da in diesem Buch doch einige Theorien abgehandelt werden, kommt man hier und da ein bisschen ins Schleudern.

Wieder einmal sehr schön ist die Art der Fragestellungen, die Kritik, die Precht übt und vor allem die Vielseitigkeit, mit der er dieses Thema, die Liebe, behandelt.

Was mir bereits beim ersten Buch aufgefallen ist, ist die Ehrlichkeit, die Precht hier aufzeigt im Bezug auf die Wissenschaft. Wir wissen heute einiges, aber eben nicht alles. Wir wissen, wie die Dinge funktionieren, aber nicht unbedingt warum sie ausgerechnet so funktionieren. In „Wer bin ich und wenn ja, wie viele?“ geht es in einem Kapitel darum, dass es das „Ich“ so im menschlichen Gehirn nicht gibt. Man kann es nicht mit einem Kernspin sichtbar machen, auch nicht mit der neusten Methode. So auch in diesem Buch. Die Liebe sieht man nicht, sie ist nicht greifbar, lässt sich nicht mit einer Definition erklären und trotzdem bewegt sie die Menschen ein Leben lang.

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