Beerholms Vorstellung

Beerholms Vorstellung

Daniel Kehlmann

Als Lehrling bei einem berühmten Magier findet Arthur Beerholm zu seiner Berufung. Bald füllt er die Säle der großen Städte mit begeisterten Zuschauern. Aber der beste Illusionskünstler aller Zeiten zu sein genügt ihm nicht. Er will über die Grenzen seiner Kunst hinaus, er will mehr als nur den Schein des Wunders.

Arthur fängt nochmal einmal ganz von vorne an und erzählt. Wie alles begann. Und mit Anfang meint er tatsächlich den Beginn seines Lebens. Nämlich seine Geburt. Danach erfährt man einige Dinge über seine Adoptivmutter und ihren tragisch seltsamen Tod, seine Schulzeit und das Studium, seine Zeit im Kloster, seine erbärmlichen Versuche als Zauberer zu überleben und seinen Entschluss Magier zu werden. Von seinem großen Aufstieg, der Magie und ihrer Macht und dem plötzlichen Moment, wenn der größte Wunsch scheinbare Wirklichkeit wird.
Kehlmann lässt seinen Protagonisten aus der Ich-Perspektive erzählen und erst nach einigen Seiten merkt man, dass dieser einen Brief schreibt. Sehr lange bleibt verborgen, an wen er schreibt und eigentlich ist es auch eine lange Zeit überhaupt nicht wichtig.
Als Leser bekommt man das Leben des jungen Beerholms erzählt und obwohl er kaum emotional ist, so kann man sehr gut mitleiden, sich schämen oder staunen. Kehlmann hat diesem Charakter mit wenigen Beschreibungen so viel Tiefgang gegeben, dass man Arthur zu kennen glaubt. Fast denkt man, ihn verstehen zu können und dann wird man doch an der Nase herumgeführt. Man versteht gar nichts. Denn Kehlmann spart zwar nicht mit Informationen, aber er reduziert sie auf ein absolutes Minimum. Zeitweise schreibt sein Protagonist so intim, dass man das Gefühl hat, man sollte diese Zeilen gar nicht lesen. Sie sind nicht für den Leser bestimmt. Eine Illusion? Warum auch nicht? Durchaus gelungen. Schließlich geht es um einen begabten Illusionisten.

Auf dieses Buch muss man sich einlassen
Dies war mal wieder ein Buch, das mich sehr lange schwanken ließ und ich zeitweise nicht sicher war, ob es total langweilig, seltsam oder absolut genial ist. Doch jetzt, da ich es fertig gelesen habe, bin ich ziemlich sicher, dass es genial ist.
Man muss Kehlmann nur Zeit geben, den Charakter aufzubauen und alles was so scheinbar langweilig daher kommt, wird irgendwo zu einem wichtigen Detail, das zum richtigen Zeitpunkt eine Erklärung liefert.
Ohne lange Monologe, ohne schwere und komplizierte Formulierungen spielt Kehlmann mit Themen, die jeden von uns irgendwann im Leben beschäftigen. Dabei hat er einen eigenen Stil, der sehr angenehm, aber nicht immer einfach ist. Auch in diesem Buch findet die Mathematik ihren Platz in den Gedanken des Protagonisten und um ganz ehrlich zu sein: So habe ich Mathematik auch noch nie betrachtet.

„…Es gibt geringere Ursachen für Alpträume als die Entdeckung, daß im Herz der Mathematik der Keim des Wahnsinns liegt…“

„…Wer versteht sich schon selbst? Wer versteht schon irgendjemanden? Nur Idioten wagen die Behauptung, sie verstünden einen Menschen. Niemand tut das, vielleicht nicht einmal Gott….“

„…Auf keine Weise kommen wir dem Wundern so nahe wie in Begleitung von Zahlen. Die grauenhafte Unendlichkeit, die uns vom Jenseits trennt, wurde nur vom Auferstandenen überwunden und von der geometrischen Kurve; seltsam und erschreckend der Gedanke, dass sie eins sein könnten…“

Eigene Meinung
Ein tolles Buch. Man muss nur die erste Hälfte durchhalten, denn man versteht sie erst, wenn man die zweite gelesen hat. Auf jeden Fall eine Empfehlung für alle, die gerne zwischen den Genres lesen, denn dieses Buch lässt sich schwer einordnen. Eine einfache Erzählung, ein Hauch Phantasie und doch realistisch, bis zum Schluss.

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